Quellenlage und Statistik zu den Gefallenen des Ersten Weltkrieges

.. aus dem Steirschen Wechselland


Verfasser: Kerstin Kogler, Dr. Andreas Salmhofer

Mitarbeit: Dr. Ernst Hofer, Sighard Schreiner

Datum: Jänner 2015

Schlüsselworte "Thema": Erster Weltkrieg, Gefallene

Schlüsselworte "Orte": Dechantskirchen, Friedberg, Pinggau, Sankt Lorenzen am Wechsel, Schäffern, Schlag bei Thalberg, Sparberegg, Ehrenschachen, Hohenau, Italien, Balkan, Russland


Kriegerdenkmal in Ehrenschachen
Kriegerdenkmal in Ehrenschachen

Was wissen wir eigentlich über die Gefallenen des Ersten Weltkrieges aus dem Steirischen Wechselland? Welche Quellen stehen uns zur Verfügung? 

 

Quellenlage

 

Hundert Jahre nach Beginn des Ersten Weltkrieges ist es schwierig, die Personen, ohne Zuhilfenahme weiterer Quellen, eindeutig zu identifizieren. Im Rahmen des Gedenkens um den Ersten Weltkrieg im Jahr 2014 hat sich der Verein die Frage gestellt, welche Informationen wir eigentlich über die gefallenen/verstorbenen Soldaten aus dem Steirischen Wechselland haben. Der Verein versucht nun, die Personen hinter der Eintragung zu eruieren. Als Quellen unserer Recherchen fungieren:

  • die jeweiligen Kriegerdenkmäler,
  • die Gemeindearchive (Heimatrollen etc.),
  • das Wissen und das Archiv der jeweiligen Ortsgruppe des Kameradschaftsbundes (ÖKB),
  • die Tauf- und Trauungsmatriken der einzelnen Pfarren (Diözese Graz-Seckau),
  • die Pfarrchroniken,
  • das Archiv des Stifts Vorau,
  • die Verlustlisten zum Ersten Weltkrieg (Nationalbibliothek),
  • das Totenbuch Steiermark (verfasst 1934) und letztendlich
  • die Erinnerungen von Zeitzeuginnen oder Zeitzeugen.

 

Im Zuge der Recherchen sind wir auf folgende Probleme bzw. Gedanken gestoßen:

  • Die heutigen Kriegerdenkmäler des Wechsellands weisen eine bestenfalls nach Ortsteilen gegliederte Liste auf. Die Namen, teilweise abgekürzt, geben lediglich an, wer gefallen ist. Den einzelnen ÖKB-Ortsgruppen liegen keine Listen vor, aus denen zusätzliche Informationen zu den Gefallenen abzulesen sind. 
  • Den Gedenktafeln bzw. den Kriegerdenkmälern liegt das Prinzip des Wohnsitzes zugrunde. Das heißt, der Gefallene ist dort verzeichnet, wo angenommen wird, dass er seinen Lebensmittelpunkt hatte. Dies ist auch die Basis für unsere Recherchen. 
  • Einige Soldaten tauchen auf mehreren Gedenktafeln auf, etwa weil es großteils junge Männer waren, die gestorben sind, die häufig kurz vor dem Krieg „weggeheiratet“ haben; sie tauchen dann auf der Tafel der Gemeinde auf, in der sie geboren wurden, aber auch in der Gemeinde, in die sie „hingeheiratet“ haben. Ähnliche Szenarien bei anderen namensgleichen Personen nicht ausgeschlossen.
  • Dass damals auf Soldaten bei der Errichtung der jeweiligen Kriegerdenkmäler vergessen wurde, kann nicht ausgeschlossen werden.

Statistisches

 

Österreich-Ungarn hatte 1914 knapp 53 Millionen Einwohner und mobilisierte im Laufe des Ersten Weltkrieges etwa 7,8 Millionen Soldaten, von denen bis zu 1,5 Millionen gefallen, verstorben oder vermisst sind. Bricht man diese Verhältniszahlen auf das damalige Steirische Wechselland mit seinen politischen Gemeinden herunter, dann ergeben sich für den damaligen Bevölkerungsstand (etwa 10.571 laut Volkszählung 1910)  folgende Zahlen: etwa 1.600 Männer (Jahrgänge ca. 1865 bis 1899) wurden lang- oder kurzfristig eingezogen, von denen nach Bereinigung der Mehrfachnennungen rund 308 durch den Krieg starben. 

Mit anderen Worten, jeder dritte Mann, älter als 19 Jahre, wurde eingezogen, nachdem er seinen 2- bis 3-jährigen Wehrdienst vor dem Krieg absolviert hat oder während des Krieges in Waffenlehrgängen unterrichtet wurde. Die restlichen zwei Drittel sind aus verschiedenen Gründen (Alter, kriegswichtiger Beruf, Untauglichkeit, Mangel an Waffen etc.) nie eingezogen worden. Nichtsdestotrotz kamen beinahe aus jedem Dorf oder Ort Soldaten ums Leben. Die Sterbequote im Ersten Weltkrieg lag etwa bei 19%, d.h. beinahe jeder fünfte Soldat kehrte nicht mehr zurück. Zum Vergleich: Im Zweiten Weltkrieg kam etwa jeder dritte Soldat ums Leben.

Aufgrund der Recherchen ist, trotz unterschiedlicher pfarrlicher bzw. gemeindetechnischer Zugehörigkeiten der einzelnen Ortsteile, es uns gelungen, folgende Statistik zu erstellen. Da, wie gesagt, einige Soldaten doppelt auf den verschiedenen Gedenktafeln (innerhalb des Steirischen Wechsellands aber auch außerhalb) vorkommen, sind fallweise „von-bis“-Zahlen angegeben, weil uns bei einigen Soldaten noch nicht klar ist, in welcher Gemeinde deren Lebensmittelpunkte waren.

 

Gesamtliste

 

Gemeinde (existent 1914)

Quelle(n)

Gefallene

 Einwohner (Volkzählung 1910)

 Eingezogene Soldaten (Schätzung)

Sterbequote

 Dechantskirchen

 Gedenktafel Dechantskirchen (Kirche)

22

         1 276  

            194  

11,4%

 Ehrenschachen

 Kriegerdenkmal Ehrenschachen

17 bis 19

            516  

               78  

23,0%

 Friedberg

 Kriegerdenkmal Friedberg

34 bis 35

         2 081  

            316  

10,9%

 Hohenau

 Gedenktafel Dechantskirchen (Kirche)

25

            492  

               75  

33,5%

 Pinggau

 Kriegerdenkmal Pinggau, Gedenktafel Brunnkapelle, einige Gefallene aus Tanzegg auf Gedenktafel Schäffern (Kirche)

82

         2 620  

            398  

20,6%

 St. Lorenzen am Wechsel

 Gedenktafel St. Lorenzen, Gedenkkapelle Festenburg (ohne Gefallene der Gemeinde Mönichwald)

51 bis 52

         1 241  

            189  

27,3%

 Schäffern

Gedenktafel Schäffern (Kirche), Gefallene aus Spital (auf Gedenkstätte Mönichkirchen), Gefallene aus dem Raum Guggendorf/Knolln (auf Kriegerdenkmal Zöbern)

38 bis 41

         1 404  

            213  

18,5%

 Schlag bei Thalberg

 Gedenktafel Dechantskirchen (Kirche)

19

            496  

               75  

25,2%

 Sparberegg

 Gedenktafel Schäffern (Kirche), Gefallene aus Götzendorf auf Gedenktafel Gschaidt (Kirche)

17

            445  

               68  

25,1%

 Gesamt

 

ca. 308

       10 571  

         1 606  

19,2%

 

Detaillierte Liste

 

Dechantskirchen (1914)

 

Dechantskirchen (Ort)

5

Stögersbach

7

Kroisbach

10

Gesamt (Mittelwert)

22

Einwohner (1914)

1 276

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

194

Sterbequote

11,3%

   

Ehrenschachen (1914)

 

Ehrenschachen (Kriegerdenkmal)

17 bis 19

Einwohner (1914)

516

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

78

Sterbequote

23,0%

   

Friedberg (1914)

 

Friedberg (Stadt)

8 bis 9

Ortgraben

11 bis 13

Schwaighof

12 bis 14

Stögersbach (Friedberg)

1

Gesamt (Mittelwert)

34 bis 35

Einwohner (1914)

2 081

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

316

Sterbequote

10,9%

   

Hohenau (1914)

 

Bergen

11

Burgfeld

4 bis 5

Hohenau

9 bis 10

Gesamt (Mittelwert)

25

Einwohner (1914)

492

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

75

Sterbequote

33,5%

   

Pinggau (1914)

 

Baumgarten

8

Haideggendorf

8

Pinggau

17 bis 18

Schaueregg

18

Sinnersdorf

12 bis 13

Tanzegg (tlw auch auf Gedenktafel Schäffern)

6

Wiesenhöf

12

Gesamt (Mittelwert)

82

Einwohner (1914)

2 620

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

398

Sterbequote

20,6%

   

Sankt Lorenzen am Wechsel (1914)

 

Festenburg (Gedenkapelle) ohne Soldaten aus der Gemeinde Mönichwald

12

Sankt Lorenzen am Wechsel

39 bis 40

Gesamt (Mittelwert)

51 bis 52

Einwohner (1914)

1 241

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

189

Sterbequote

27,3%

   

Schäffern (1914)

 

Anger

7

Eising

2

Elsenau

9

Haberl

2

Hartberg

3

Karnegg

6

Knolln/Guggendorf (auf Gedenktafel Zöbern)

3 bis 6

Schäffern

4

Spital (auf Gedenktafel Mönichkirchen)

2

Gesamt (Mittelwert)

35

Einwohner (1914)

1 404

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

213

Sterbequote

24,1%

   

Schlag bei Thalberg (1914)

 

Limbach

10

Rohrbach-Schlag

3

Schlag

6

Gesamt (Mittelwert)

19

Einwohner (1914)

496

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

75

Sterbequote

25,2%

   

Sparberegg (1914)

 

Götzendorf (auf Gedenktafel Gschaidt)

6

Sparberegg (auf Gedenktafel Schäffern)

11

Gesamt (Mittelwert)

17

Einwohner (1914)

445

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

68

Sterbequote

25,1%

   

Steirisches Wechselland (1914)

 

Gesamt (Mittelwert)

308

Einwohner (1914)

10 571

Eingezogene Soldaten (Schätzung)

1 606

Sterbequote

19,2%

 

Grosso modo deckt sich aber die Sterbequote 19% des Steirischen Wechsellands auch mit der von Österreich-Ungarn. Wie ersichtlich ist, sind aus manchen Gemeinden im Verhältnis relativ viele Soldaten verstorben. Dieser Sachverhalt und noch weitere davon ableitbare Aspekte bedürfen weiterer intensiver Recherchen, was uns zu folgendem Aufruf führt. 

 

Aufruf

 

Wir suchen Informationen zu den Gefallenen des Ersten Weltkriegs aus dem Wechselland. Ziel ist es, soviel wie möglich über diese Verstorbenen herauszufinden, damit dieser eindeutig identifizierbar bleibt. Die vier wichtigsten Informationen für uns sind:

  • Geburtsdatum (zumindest Jahrgang)
  • Familiäre Zugehörigkeit (Geburtsadresse) und/oder Wohnadresse bei Kriegsbeginn (Lebensmittelpunkt)
  • Zugehörigkeit zu militärischen Truppenteilen
  • Todeszeitpunkt und –ort, Ort des Verschwindens („Vermisste“) oder Soldatenfriedhof

Falls Sie Kenntnisse (z.b. wegen Verwandtschaft) darüber haben, dann bitten wir Sie, sich mit uns jederzeit in Verbindung zu setzen:

 

Bibliographie

  • Ellis, John; Cox, Michael (2005): The World War I Databook. The Essential Facts and Figures for All the Combatants. London: Aurum Press.
  • Moll, Martin (2014): Die Steiermark im Ersten Weltkrieg. Der Kampf des Hinterlandes ums Überleben 1914-1918. Graz: Styria Premium.
  • Rauchensteiner, Manfried (2013): Der Erste Weltkrieg und das Ende der Habsburgermonarchie 1914-1918. Wien: Böhlau-Verlag. 
  • Winklhofer, Martina (2014): So erlebten wir den Ersten Weltkrieg. Familienschicksale 1914-1918. Eine illustrierte Geschichte. Wien: Amalthea.

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