Verfasserin: Mag. Kerstin Kogler
Datum: August 2015
Schlüsselworte "Thema": Anschluss Burgenland, Wechselland, Freistaat Lajta-Banság
Schlüsselworte "Orte": Friedberg, Schäffernsteg, Haideggendorf, Sinnersdorf, Gstetten/Steirisch Tauchen, Götzendorf, Elsenau, Ehrenschachen, Kroisbach, Kroisegg
Womit verbinden Sie das Denkmal, das Sie von Friedberg kommend kurz nach der Ortstafel Pinggau sehen? Der Gedenkstein mit Inschrift und Helm ist kein Kriegerdenkmal, wie man vermuten würde.
Er ist einer der letzten Zeugnisse des Ereignisses zwischen 1918 und 1921, das auch das Wechselland berührte: der Anschluss des Burgenlandes.
Ungarn und das Wechselland
Beinahe 1.000 Jahre grenzten die Steiermark und somit auch das Wechselland an Ungarn. Vor 94 Jahren wurde das heutige Burgenland, früher Deutschwestungarn, offiziell an Österreich angeschlossen. Die Grenze war nicht befestigt und oft nur anhand von Grenzsteinen oder Zollwachen ersichtlich. Sinnersdorf war jener Ort, der während dieser Jahre durch seine Grenzlage im Mittelpunkt stand. Ein Zollhaus sowie die offizielle Grenzkontrolle zwischen der Steiermark und Ungarn machten ihn bedeutsam.
Explosive Stimmung
Während der drei Jahre langen unsicheren Lage waren zur Sicherung der Grenze zusätzliche Exposituren aufgebaut, um die Bewohner/innen des Wechsellandes zu schützen. Offiziere aus der ehemaligen k.u.k. Armee waren dazu bis Anfang 1920 zuständig, bis sie von Gendarmen ersetzt wurden. Kommunistische Aktivitäten im Gebiet des heutigen Burgenlandes verunsicherten die Bevölkerung. Im Jahr 1919 stand die Gefahr eines weiteren Krieges im Raum. Von März bis August 1919 regierte in Ungarn eine kommunistische Räteregierung, die ihren Einfluss auf die Steiermark ausweiten wollte. Deswegen waren eine Heimwehr und Offiziere zum Grenzschutz in den Orten Sparberegg und Götzendorf unmittelbar an der steirisch-ungarischen Grenze bis Oktober 1919 stationiert.
Österreich hatte im September 1919 einen Friedensvertrag, der in St. Germain-en-Laye ausgehändigt wurde, erhalten. Darin wurden die deutschsprachigen Gebiete im Westen Ungarns zu Österreich gerechnet. Der Vertrag von Trianon, der die Friedensbedingungen mit Ungarn regelte, wurde am 4. Juni 1920 ratifiziert. Von ungarischer Seite war man bestrebt, die deutschsprachigen westungarischen Gebiete nicht so einfach Österreich zu überlassen. Man wollte der „Landnahme“ des Burgenlandes mit im Geheimen vom Staat unterstützten paramilitärischen Einheiten, den Freischärlern entgegenwirken. Diese Freischärler machten die östlichen Grenzen des heutigen Bezirks Hartberg-Fürstenfeld unsicher, überschritten die Grenze und lieferten sich Gefechte mit dem österreichischen Grenzschutz.
Im August 1921 hatten die Siegermächte des Ersten Weltkrieges, die Entente, einen Einmarsch der österreichischen Gendarmerie ins Burgenland genehmigt. Friedberg wurde so zu einem Versammlungsort von mindestens 100 Gendarmen, die von dort ins Burgenland vorrücken und das Land in Besitz nehmen sollten. Der Friedberger Emanuel Kirnbauer schildert in einem Artikel von Adolf Reinbacher die Beteiligung dieser Kleinstadt. Er spricht davon, dass die Feuerwehrkapelle den Einmarsch begleitete. Weibliche Bewohnerinnen sollen die Beamten mit Blumen geschmückt haben. Zwei Tage in Folge versuchte die Gendarmerie, den geplanten Einmarsch ins Südburgenland zu vollziehen. Der ungarische Widerstand durch Artilleriefeuer war zu groß. „Banden“ versuchten Ende August 1921 auch von Kroisegg im Burgenland nach Kroisbach vorzudringen, was aber abgewehrt werden konnte. Nach dem Scheitern des ersten Versuchs gab es immer wieder Zwischenfälle an der Grenze. Mittlerweile war das Bundesheer in die Region zur Grenzsicherung gekehrt. In Oberwart bestand vom 4. Oktober bis 4. November 1921 ein Freistaat einer Freischärlergruppe, das sogenannte Lajta-Banság/Leitha-Banat, das von Paul Prónay geleitet wurde.
Einmarsch
Da der ungarische Widerstand kein Ende nahm, kam es am 13. Oktober 1921 zum Vertrag von Venedig, wo Ungarn und Österreich Verpflichtungen eingingen. Der Rückzug aller ungarischen militärischen Einheiten und die Volksabstimmung in Ödenburg/Sopron waren die wesentlichen Beschlüsse. Im Zuge einer heftigen Schießerei mit Freischärlern am Schäffernsteg am 31. Oktober 1921 machte sich am Allerheiligentag ein Lastwagen besetzt mit 30 Personen des Bundesheeres auf den Weg dorthin. Zwischen Friedberg und Pinggau kam es nach dem Kettenriss dieses Fahrzeuges zu einem Unfall, der elf Soldaten das Leben kostete. Das Mahnmal an der Straße zwischen Friedberg und Pinggau erinnert bis heute daran.
Der zweite Einmarsch zum Anschluss des Burgenlandes fand ab 25. November 1921 ohne Zwischenfälle durch das Bundesheer statt. Die wahrscheinlich manipulierte Volksabstimmung von Ödenburg/Sopron von 14. bis 16. Dezember 1921 fand eine Mehrheit für den Verbleib bei Ungarn. Das Burgenland kam offiziell mit Ende 1921 ohne Sopron zu Österreich. Gleichzeitig kehrte auch Ruhe im Wechselland ein.
Quellen und Literaturhinweise
Falls Sie Fotografien/Informationen zu den Auswirkungen des Anschlusses des Burgenlandes auf das Wechselland besitzen, freuen wir uns auf Ihre Kontaktaufnahme.
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